„Hasen-Ahlers“ - der Einsiedler von Immer
Es will fast scheinen, als ob die Gegenwart ärmer geworden ist an Menschen, so man Originale nennt, an Menschen, die auf ihre Weise, unbekümmert um Gesetz und Herkommen, ihr Leben lebten, bis sie in die Hand des Schöpfers, aus der auch sie wie alle Kreaturen hervorgegangen, heimkehrten. Ein solcher Sonderling unserer Delmenhorster Geest war Hinrichs Ahlers aus Klattenhoff. Die Älteren unter uns erinnern sich seiner noch. Wer aber unter den Nachgeborenen weiß von ihm? So mag es willkommen sein, jenen Einzelgänger den jüngeren Geschlechtern vorzustellen. Ich wanderte durch eine Winterlandschaft, wie sie stimmungsvoller nicht sein konnte. Glitzernder, blitzernder [sic!] Schnee auf Baum und Strauch, auf jedem Zweig und Halm. Diese über Nacht gewirkte Decke breitete eine greisenhafte Ruhe über das weite Heidefeld. Die im Sommer hell-lachende Erika saß jetzt schwarzbraun und verkrüppelt unter dem Schnee und wagte kaum den Blick zum metallisch schimmernden Himmel aufzuschlagen. Verschneit waren auch die Wege, auf denen sonst manch leichter Fuß dahinschritt. Kaum war die Spur eines Wesens zu finden. Von dem breiten Heideweg führte ein schmaler, aufgeworfener Damm abseits in die von kleinen Kiefern bestandene Heide. Abdrücke von großen, plumpen Menschenfüßen hatten den Weg gezeichnet. Vor einem kleinen Häuschen verschwanden sie. An der Haustür, die einer Stalltür ähnlich, war, stand in vielfacher Wiederholung geschrieben: Hasen-Ahlers. Hier wohnte „der berühmte Wilddieb Hasen-Ahlers, geboren am 14. Oktober 1830 (1) zu Klattenhoff, der als ausgezeichneter Schüler die Schule zu Brettorf besucht hat", wie in der selbst verfaßten Lebensbeschreibung dieses Mannes, die er mir im Manuskript anvertraut hatte, zu lesen war. Ein beklemmender Dunst drang durch die Türspalte und die zerbrochenen Fenster, die mit alten Lappen notdürftig verstopft waren, und umlagerte das etwa vier Meter lange und drei Meter breite Haus, dessen Spitzdach aus Eisen, Stein und Zement hergestellt war. Aus dem Schornstein - einer Tonröhre - quoll Rauch. Hasen-Hinnerk war also daheim. Ich öffnete die Tür, konnte aber zunächst des undurchdringlichen Qualmes wegen nichts sehen und sprechen. Da tönte mir schon eine Stimme entgegen: "Kumm man rin!" - "Ja, wo sünd Se denn?" - "ach, ick bün so krank, ick ligg to Bedd", antwortete Hinnerk in weinerlichem Ton. Endlich entdeckte ich ihn. In einer Ecke des einräumigen Häuschens war eine Lagerstatt aus Stein hergerichtet worden. Dort war Has' Ruheplatz. "Donnerwetter, paraplui! Hasen-Ahlers ut'n' Stüh! Wo is't nu!" - Ja, ick wär woll bold dod gahn." Und der "berühmte Wilddieb" begann seine Lebens- und Leidensgeschichte zu erzählen: Von der Jugendzeit, von der verunglückten Liebe, den Soldatenjahren, der Schlacht bei Langensalza (2), seiner Tätigkeit in Bremen. Hier wollte er einmal bei einer Keilerei fünfzehn Mann, die mit Messern auf ihn eingedrungen waren, mit seinen Holzschuhen niedergeschlagen haben! Für diese Tat sei er mit 150 Mark belohnt worden. Seit 1885 wohne er in Immer. Seither sei ihn [sic!] sein "Schafkoven", wie Hinnerk sein Tuskulum (3) zu nennen beliebte, dreimal abgebrannt. Beim letzten Brand wäre er fast ums Leben gekommen, weil er an einem "inneren Brand" (4) schwer daniedergelegen habe. Während er mir dieses alles erzählte, hielt ich Umschau in seinem feuersicheren Heim, das ihm nach dem letzen Unglück von der Gemeinde erbaut worden war (5). Den landläufigen Begriff "Bett" konnte man trotz besten Vorsatzes auf seine Lagerstatt nicht anwenden. In der Bettstelle lag Stroh, das Has' hin und wieder mit einer Forke aufschüttete. Dieses so nützliche Gerät stand mit Spaten, Sense und Gewehren friedlich vereint neben ihm im Lager. Ein alter, zerrissener Teppich war seine Decke. Unbestimmbare Zeugfetzen dienten als Unterbett. Vor dem Ruheplatz stand eine Kiste. deren Schätze er mir zeigte: Ein halbes Dutzend Enden verschimmelter Wurst umkränzte ein zerfetztes Gesangbuch, das Hinnerk als seine Bibel bezeichnete. Links der Tür war ein Tisch, bedeckt mit allen möglichen und unmöglichen Sachen. Zwischen Stroh und gespaltenem Holz lagen ein angeschnittener Kohlkopf, ein Päckchen Kunstbutter und eine halbe Blutwurst. Auf dem Herde rechts des Eingangs brannte ein Holzfeuer, Der Rauch zog erst durch den ganzen Raum, ehe er das Rohr im Dache fand. Vor dem Herde brodelte auf einem Dreifuß der Mittagstopf. Inhalt: halbgeschälte Kartoffeln und eine Scheibe Weißkohl. Über seine Ernährungsweise gab Hasen-Ahlers bereitwillig Auskunft. Ganz wie selbstverständlich erzählte er, daß er eine lebende Kadaververnichtungsanstalt sei. Gesegnete Mahlzeit! Wenn man diese Goliathsgestalt mit dem struppig umrahmten Gesicht betrachtete, die freilich schon das Alter spürte, - Ahlers war gegen Ende seines Lebens brustleidend, aber ins Krankenhaus wollte er nicht, dort wohnte nicht seine Freiheit -, so mochte man sich fast vor ihm fürchten. Aber Has' war in Wirklichkeit ein harmloser Mensch. Wenn in seinem Hasenlied steht: „Er hat so manchen Hasen, und das ist keine Mär, das Lebenslicht ausgeblasen mit seinem Mordgewehr“, so trifft auch das nicht so ganz zu. Geschossen hat er weniger, desto mehr Hasen in der Schlinge gefangen. Für diese seine Großtaten wollte er nach seiner Erinnerung (!) 59mal mit Geld- oder Gefängnisstrafen bedacht worden sein. 30 Gewehre soll er losgeworden sein. Danach habe er sich entschlossen, das Wildern zu lassen. Namentlich die letzte Strafverbüßung von elf Monaten in Vechta hatte ihm nicht behagt. Jedoch kann die Katze das Mausen lassen? Wenn Ahlers sich früher manchmal absichtlich hatte erwischen lassen, um besser durch den Winter zu kommen, so wollte er jetzt doch lieber Feuerholz zerkleinern oder sich auf ähnliche bürgerliche weise ernähren. Dieser Wunsch aber ist eben nur ein Wunsch geblieben. Denn „das Fleisch ist schwach.“ Wegen Raub und versuchter Wilddieberei sind ihm noch einmal über anderthalb Jahre Staatspension bewilligt worden. Hinnerk ist vielen noch von den Krammärkten her bekannt, wo er in Schankbuden als bestaunenswerte Persönlichkeit auftrat. Aber auch dieses Geschäft behagte ihm jetzt nicht mehr. Der Bremer Freimarkt hatte ihn zu sehr an das Vergängliche alles Irdischen gemahnt. .Ick kunn dat nich mehr utholen bi all den Tabaksqualm. Un denn mußt ick dor ok ümmer mien Leed singen, soväl rumloopen und ümmer Beer mitdrinken. Dabei war er dem Alkohol gar nicht so abhold. Oftmals sah man ihn in die Wirtschaft gehn, um eine Flasche Branntwein zu holen. Für einen Schnaps exerzierte und sang er vor dem Spender. Auf eine salonmäßige Kleidung achtete er nicht sonderlich. Es kam vor, daß er mit einem irgendwo erhaltenen Unterrock über den Schultern und in Unterhose auf der Straße prominierte. Seine klobigen Schuhe wurden durch Bindfäden zusammengehalten. Das ist Hasen-Ahlers, so wie ich ihn im Verlauf eines halben Jahres durch Besuche, Beobachtung und Mitteilung der Dorfbewohner kennengelernt habe. Viele Schnurren und Mären werden oder wurden über ihn und von ihm erzählt, aber sie sind ihm fast alle angedichtet worden. Ein origineller Mensch war Ahlers ohne Zweifel, aber eben als Psychopath (6). Ich vertröstete Hinnerk auf bessere Zeiten und nahm Abschied von ihm für immer. Bald hernach ist er aus den irdischen Jagdgründen geschieden. Rings um das Häuschen wuchs Heidekraut, das seine Köpfchen sehnend aus dem Schnee hervorstreckte, hoffend auf den Sommer, wo es blühen kann. Ein Bild des Mannes, den wir kennen lernten. Auch über ihn kam die winterliche Decke. Wenn ick dod bliew, kam ick dor baben hen. Ick heff jo nümms wat dahn", sagte er. Doch auch er wäre gern hier unten geblieben, auch er hing am Leben, er, der gleich der Kiefer in der verschneiten Heide, in seinem Heidehäuschen saß, hoffend und harrend auf den besseren Sommer, der auch für ihn durch Fremdenbesuche eine Blütezeit war. Auch hier Wille zum Leben unter der Schneedecke. . Das Original mußte dem Tode seinen Tribut geben. Lebt die Originalität fort? [hasenahlers.de sagt. „Ja!“]
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(1) Ahlers wurde 1831 geboren. Auch Osterloh hat diesen Fehler übernommen (Osterloh, 2002, S. 119). (2) Osterloh formuliert: „In seiner Soldatenzeit überlebte er die Schlacht bei Langensalza“ (Osterloh, 2002, S. 119). hasenahlers.de geht nicht davon aus, dass Ahlers an der Schlacht teilgenommen hat (s. Infanterie-Regiment Nr. 91) (vgl. auch Speckmann & Spille, 2007, S. 36). (3) „lat. [nach dem altröm. Tusculum] ([ruhiger, behaglicher] Landsitz)“ Duden, Rechtschreibung, 1967. Cicero besaß ein Landgut bei Tusculum. (4) Hasen-Ahlers war lattenstrammdicht. (5) „1906 errichtete die Gemeinde Ganderkesee für den nun 75jährigen Hasen-Ahlers ein etwa vier Meter langes und drei Meter breites Steinhaus“ (Speckmann & Spille, S. 10). Das Gebäude ist heute im Besitz der Familie Grashorn und liegt an der Straße von Immer nach Hengsterholz. (6) „Die Zuschreibung ‚Psychopath‘, diesen Begriff gibt es in der heutigen Diagnostik nicht, ist leichtfertig und bewirkt eine ungerechtfertigte Stigmatisierung von Hasen-Ahlers“ (Speckmann & Spille, S. 35). Natürlich gibt es in der heutigen Psychodiagnostik den Begriff der Psychopathie. Dieser ist allerdings negativ besetzt (vgl. z. B. Koglin & Petermann, 2007). Hasen-Ahlers allerdings war mitnichten ein Psychopath. Dennoch verfügte er wahrscheinlich über eine Borderline-Persönlichkeitsorganisation und litt somit an einer Borderlinestörung oder an pathologischem Narzissmus. Zur Psychopathie vgl. Robert D. Hare, zum pathologischen Narzissmus siehe Tischler, 2007.
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Aus Liebeskummer der menschlichen Gesellschaft den Rücken gekehrt . . . Klattenhofer Original: Um „Hasen-Ahlers“ ranken sich Geschichten und Legenden
Dötlingen. Nach dem Taufregister Nr. 53 der Dötlinger Kirchengemeinde wurde Hinrik Ahlers (1), genannt Hasen Ahlers oder Hasen Hinnerk, am 14. Oktober 1831 als Sohn des Brinksitzers Hinrich Ahlers und der Anna Margareta geb. Immer (2) in Klattenhof geboren. Hinr. Musegaes, Joh. Hinr. Höfel, Cathrina Poppe und Cathr. Margareta Ahlers standen Pate bei der Taufe am 30.10.1831. Auf dem stattlichen Hof des Bauern Abel zu Klattenhof stand einst die Wiege des Hasen Ahlers. Er verlebte seine Jugend auf dem Lande. Als er heranreifte und sich seine Herzensdame auserkor, stellten sich die Eltern gegen ihn, waren mit seiner Wahl nicht einverstanden. Sie willigten in die Heirat mit einem mittellosen Mädchen nicht ein. Dieser Kummer fraß an dem Herzen des jungen Ahlers, voller Gram verließ er das Elternhaus und flüchtete in den nahe gelegenen Stühe, wo ihm eine alte Hütte Obdach gewährte. Von der Jagd und dem Wildfang wußte er sich zu ernähren, wobei er sich nicht um die Gesetze der menschlichen Gesellschaft kümmerte, keine Heuer und keine Steuer bezahlte. Mit einem Handwagen fuhr Hasen Ahlers von Delmenhorst nach Bremen, dortselbst Rundholz zum Feueranmachen und Hasen zu verkaufen. So kam es, dass er bald allgemein Hasen Ahlers oder Hasen Hinnerk genannt wurde. Geschichten und Legenden erzählte man sich bald von ihm, der auf seinen Schultern stundenlang Zweizentnersäcke zu tragen vermochte. Nahm er irgendwo für kurze Zeit Arbeit an, so soll er für drei gearbeitet und für fünf gegessen haben. Dieser Naturmensch war von Herzen gut, tat keinem Menschen ein Leid an. Doch war die Polizei mit seiner Wilddieberei nicht einverstanden, er war ein ausgezeichneter Schütze, dessen Flinte niemals das Ziel verfehlte. So kam es, dass er hin und wieder mit dem Gefängnis in Vechta Bekanntschaft machte. Als ihn hier in seiner Zelle ein Beamter aufsuchte, blieb Hinnerk Ahlers seelenruhig auf seinem Bett sitzen und als er zu Aufstehen aufgefordert wurde, sagte er: „Ich bünn hier ton Sitten und nich ton Upstan verdonnert!“ Das größere Angebot an Spirituosen und Zigarren gab den Ausschlag. Im Laufe der Zeit wurden allerlei Geschichten und Legenden über ihn erzählt. In eine fatale Lage geriet er, als ihn das Volk für Geld und Branntwein zur Schau stellte. Ihm wurde ein Strohhut aufs Haupt gesetzt, er trug einen Anzug, der aus lauter Flicken zusammengesetzt war, riesengroße Holzschuhe, einen Püster in der Hand und eine Ziege an der Leine (3). Der Zulauf von Schaulustigen wurde immer größer, besonders zum Ende des 19. Jahrhunderts, als die Eisenbahn von Delmenhorst nach Wildeshausen gelegt worden war. Der Höhepunkt der Schau für die Bremer, Delmenhorster und Wildeshauser (Treffpunkt war das Waldcafé Stühe) war erreicht, wenn Hasen-Ahlers das Lied sang: „Kennt Ihr den Hasen Ahlers, die Goliaths Gestalt? Er ist zwar nicht vom Adel, doch hat er viel Gewalt!“ Sechs Verse hat dieses Lied, das ihm ein Zeitungsmitarbeiter gedichtet hatte. Hinnerk Ahlers machte diesen Zirkus mit, weil ihn die Not dazu trieb. Mit zunehmendem Alter freute er sich, wenn er während der Wintermonate Aufnahme im Delmenhorster Krankenhaus fand. Als man ihn hier eines Tages badete, soll er sanft entschlafen sein, wie man sich erzählte, „de smärige Hunt kunn dat Water nich verdrägen.“ Verstorben ist er tatsächlich in einem kleinen Häuschen in Immer auf dem Anwesen der Familie Grashorn am 26. Juli 1913. Pastor Bultmann hat ihn beerdigt, anwesend war außer den Trägern der Armenvater Tönjes aus Bürstel. Ein Grabstein wurde nicht gesetzt, so ist eine Grabstätte auf dem Friedhof zu Ganderkesee schwer zu finden. Um Hasen Ahlers‘ Andenken zu wahren, errichtete der frühere Besitzer des Waldschlößchens am Nordrand des Stühes in seinem Garten ein Denkmal, das von einem Hasen gekrönt wurde. Später wurde das Denkmal nach Feldhake bei der Gaststätte Strudthoff verlegt. und mit der Inschrift des ersten Verses des Hasen-Ahlers-Liedes geschmückt.
(1) Hasen-Ahlers hieß mit Vornamen Hinrich, nicht Hinrik. (2) Die Mutter unseres Wilddiebs war geborene Ahlers, nicht Immer. Hier die "Übersetzung" eines Auszugs aus dem Sterberegister der Kirchengemeinde Ganderkesee in Sütterlinschrift: " Hinrich Ahlers, Arbeiter zu Immer, geb. Sohn des Hinrich Ahlers, weil. Brinksitzers zu Klattenhof, und der weil. Anna Margareta geb. Ahlers, geb. zu Klattenhof (3) Der "Aussteiger" kehrt als Attraktion in die Gesellschaft zurück - und diese benutzt ihn, sich selbst die Fratze ihres verzerrten Daseins vor Augen zu führen. Wer also trägt Schuld am schmucklosen Ende unseres beliebten Protagonisten?
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Salut und ein neues Denkmal für 150jährigen „Aussteiger“ Dorfgemeinschaft Klattenhof feierte Geburtstag von „Hasen-Ahlers“
kos Klattenhof. Jagdhörner erklangen und aus zwei Gewehren krachten Salut-Schüsse, als am Sonnabendvormittag kurz nach 11 Uhr das weiße Laken vom Denkmal fiel und den Blick freigab auf einen bronzenen Hasen, den die Herbstsonne in „goldenen Glanz“ erstrahlen ließ. Rund 250 Zuschauer waren Zeugen dieses feierlichen Aktes, Höhepunkt einer außergewöhnlichen Geburtstagsfeier in Feldhake, nahe der kleinen Bauerschaft Klattenhof in der Gemeinde Dötlingen. Hinrik Ahlers (1), am 14. Oktober 1831 in Klattenhof geboren, galt diese von der Dorfgemeinschaft organisierte Feier. Als „Hasen-Ahlers“ gelangte dieser Außenseiter der Gesellschaft, der seinen Lebensunterhalt unter anderen durch Wilddieberei bestritt, bereits zu Lebzeiten zu einer gewissen „Berühmtheit“ und war vielbestauntes „Schauobjekt“ von Delmenhorster, Bremer und Wildeshauser Ausflüglern. (Die NWZ berichtete ausführlich über das Leben dieses ungewöhnlichen Mannes). Mittelpunkt der Geburtstagsfeier war die Enthüllung eines neuen „Hasen“ und einer neuen Gedenktafel auf dem bereits seit 1932 in Feldhake stehenden Denkmal. Das Hasen-Denkmal hatte unter dem Zahn der Zeit gelitten. So waren dem Tier mehrmahls die Ohren abgebrochen, die Tafel mit der ersten Strophe des bereits zu Lebzeiten des Hinrik Ahlers komponierten und getexteten „Hasen-Ahlers-Liedes“ (2) war unansehnlich geworden. Deshalb hatte die Dorfgemeinschaft von Klattenhof den 150. Geburtstag ihres „berühmten“ Sohnes zum Anlaß genommen, das Denkmal zu erneuern. Das Künstler-Ehepaar Homfeld aus Bremen schuf einen neuen Hasen. Zur Feier des Tages war auch das Gelände rund um das Denkmal neu hergerichtet worden. Vor dem in weiße Laken gehüllten Stein standen zwei große Milchkannen mit Herbstblumen, eine rote Schleife zierte die Stoffhülle. Eine große Schar von Gästen war zur Geburtstagsfeier erschienen. Selbst die „Obrigkeit“ fehlte nicht, um eines Mannes zu gedenken, der zu seiner Zeit mit den Vertretern des Staates und dem Gesetz laufend in Konflikt geraten war. Wolfgang Haubold, stellvertretender Oberkreisdirektor, war ebenso erschienen wie Dötlingens Bürgemeister Otto Flege und Gemeindedirektor Günther Kulle. Heinrich Plate, Vorsitzender der Dorfgemeinschaft, konnte sogar den Angehörigen eines Berufsstandes willkommen heißen, dem das Treiben des Wilddiebs Ahlers in besonderem Maße ein Dorn im Auge war.: Oberförster Steffens von der Revierförsterei Stühe, jenem Waldgebiet, in dem der „Hasen-Ahlers“ damals zu wildern pflegte. Weitere Gäste waren Dötlingens Hegeringleiter Helmut Martens, ein Vertreter des benachbarten Ortsvereins Bürstel-Immer, ein Namensvetter des Jubilars aus Bassum, Hinrich Ahlers, sowie der 91jährige Heinrich Brackhahn aus Ganderkesee, der den 1913 verstorbenen „Hasen-Ahlers“ noch persönlich gekannt hatte. In ihren Ansprachen versuchten sowohl Haubold als auch Flege, ein Persönlichkeitsbild jenes Mannes zu zeichnen, um den sich bereits zu Lebzeiten so viele Anekdoten und Legenden rankten, dass der wahre Mensch dahinter verborgen blieb. Ahlers war wohl das, was man heute einen „Aussteiger“ nennen würde, ein Mensch, der außerhalb der festgefügten gesellschaftlichen Normen lebte, mehr oder weniger freiwillig. Posthum wurde diesem Außenseiter ein Denkmal gesetzt, er lebt als Teil der Heimatgeschichte im Bewußtsein der Klattenhofer weiter. Musikalisch umrahmt wurde die Feier - wie könnte es anders sein - von Dötlinger und Wildeshauser Jagdhornbläser. Auch das „Hasen-Ahlers-Lied“ wurde angestimmt. Da der Jubilar zweifelsohne mit dem Hochdeutschen nicht viel im Sinn hatte, war Plattdeutsch bei der Feier fast schon Pflicht.Im Strodthoffs Gaststätte („Zum Hasen Ahlers“) wurde dann eine Ausstellung mit Fotos und Erinnerungsstücken (zusammengestellt von Gerold Spille) eröffnet. Die alte Flinte des Wilddiebs war ebenso zu bewundern wie Schriftstücke, alte Zeitungsausschnitte und Bilder des Hinrik Ahlers.
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