Aus „Geschichte des Oldenburgischen Infanterie-Regiments Nr. 91“ von Frhr. von Puttkammer (1904). Oldenburg und Leipzig: Schulzesche Hof-Buchhandlung und Hof-Buchdruckerei, A. Schwartz:
"In den Jahren 1848/49 beteiligte sich Oldenburg an den Feldzügen, welche eine Anzahl deutscher Bundesstaaten unter Preußens Führung um den Besitz der Herzogthümer Schleswig und Holstein mit Dänemark führte, welches jene Länder, die so lange Theile des deutschen Bundes gewesen waren, allein zu beherrschen beanspruchte. … Ungeachtet sich die Schleswig-Holsteiner von Deutschland verlassen sahen, wurde von ihnen der Kampf gegen die Fremdherrschaft fortgesetzt, bis auch dieser letzte Widerstand auf dem Felde bei Idstedt, im Juli 1849, gebrochen ward".
Hasen-Ahlers trat seinen Dienst 1851 in Friedenszeiten für das Oldenburgische Infanterie-Regiment Nr. 91 an.
"Von 1850 bis Ausbruch des preußisch-österreichischen Krieges.
Die Kämpfe um die Elbherzogthümer hatten von Oldenburg eine unverhältnißmäßig große Truppenmacht: 5 Bataillone Infanterie, darunter ein leichtes, 3 Eskadrons Reiter und 2 Batterien mit 10 Geschützen, in der Stärke von 4760 Mann verlangt. Nach Beendigung des Krieges konnten das 4. Linien-Bataillon und die 4. leichte Kompagnie eingehen, während das 3. Linien-Bataillon und die 3. leichte Kompagnie die Bestimmung als Reserve-Truppentheile erhielten. Diese Anordnung setzte der Großherzog Paul Friedrich August mit dem 1. Oktober 1850 vorläufig in Kraft. Erst gegen das Jahr 1855, bereits unter der Regierung seines Nachfolgers, hatten sich die Verhältnisse soweit geklärt, um dem Truppenkorps eine endgültige Gestalt zu verleihen, die am 1. April zur Durchführung gelangte, und die, wie gleich hier erwähnt werden mag, bis zur Aufnahme der oldenburgischen Truppentheile in den preußischen Heeresverband ohne wesentliche Aenderungen beinhalten wurde.
Ein Infanterie-Regiment zu 3 Bataillonen, ein Reiter-Regiment von 3 Eskadrons und 2 Feld-Batterien war das Großherzugtum fortan in der Lage, zum Bundesheere stoßen zu lassen.
Doch nicht allein in der Stärke der Truppenmacht, welche sich seit dem Jahre 1815 beinahe verdreifacht, suchte Oldenburg den Pflichten gegen das Vaterlang Genüge zu thun.; in gleicher Weise trachteten seine Fürsten, vorzüglich ausgebildete, an Gehorsam, Zucht und Ordnung gewöhnte Soldaten im Ernstfalle zur Verwendung bringen zu können.
In diesem Bestreben folgte das Großherzogtum dem Vorbilde, welches Preußen den deutschen Staaten gab; denn es erkannte richtig, dass Bürgschaft für das Ansehen Deutschlands lediglich in der gleichmäßigen Durchbildung der Wehrkraft beruhte. An dem von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzoge Paul Friedrich August stets vertretenen Grundsatze, dass Oldenburg seiner Aufgabe als deutscher Theilstaat am besten in Anlehnung an die Hohenzollern gerecht werden könne, änderte der am 27. Februar 1853 erfolgende Tod dieses pflichtgetreuen, von wahrhafter Vaterlandsliebe geleiteten Herrschers, der namentlich den Truppen in unausgesetzter Fürsorge zugethan, nichts. Sein erlauchter Sohn, Nikolaus Friedrich Peter, machte sich jenen Gesichtspunkt von vornherein vollständig zu eigen; ja, er scheute sogar nicht eine freiwillige Entäußerung von wichtigen Hoheitsrechten, um Deutschland, unter Preußens Führung, ein festes inneres Gefüge und eine achtungsgebietende Stellung dem Ausland gegenüber zu geben. Unter solchen Regenten mochte Oldenburg getrost den kommenden Ereignissen einer schon mit dröhnenden Schritten sich bemerkbar machenden, gewaltigen Zeit ins Auge schauen! -
Sieht man von den eigentlich nur winzigen Händeln um die Elbherzogthümer ab, so hatte Europa seit Abschluß der Freiheitskriege in Frieden leben können, den nachhaltig zu stören allen Staaten durch die jahrelangen blutigen Kämpfe gegen Napoleon I. gründlich verleidet war. Für den Genuß einer dauernden Ruhe leistete nicht zum kleinsten Theile der Umstand Gewähr, dass man den unruhigen, thaten- und kriegsdurstigen Franzosenkaiser durch Einkerkerung auf St. Helena unschädlich gemacht und seinem Geschlecht mit Verbannung aus Frankreich die Möglichkeit genommen, den Thron zu Paris wieder zu besteigen. Seitdem waren fast 50 Jahre verflossen. Die Erinnerung an die Schrecknisse der furchtbaren Zeit Angang des Jahrhunderts hatte einen Theil ihrer Kraft eingebüßt, und man glaubte wieder den Friedensversicherungen, welche der Neffe Napoleons in die Welt sendete, trauen zu dürfen, als dieser im Jahre 1852, das Kaiserthum in Frankreich zu erneuern, mit Erfolg unternahm. Nur zu bald sollte sich zeigen, dass Napoleon III. bezüglich der Ruhelosigkeit der Erbe seines Oheims; ja er bedurfte wie dieser, um sich auf dem Thron zu halten, des Kriegsruhmes, ohne welchen der Franzose nicht leben zu können vermeint. Wessen Deutschland sich zu versehen, blieb nicht lange geheim! Seit Napoleon III. die Kaiserwürde innehatte, erklangen drüben zuerst vereinzelt, dann aber lauter und lauter die begehrlichen Rufe nach dem linken Rhein-Ufer.
Es war nicht schwer zu erkennen, dass die ehrgeizigen Pläne des französischen Herrschers früher oder später von uns eine Gebietsabtretung fordern würden. - Sonach stand Deutschland vor einer sorgenschweren Zukunft; zumal sein buntscheckiges Heer [Hasen-Ahlers dürfte ein ganz besonderer Farbtupfer gewesen sein] es einheitlichen Willens durchaus ermangelte und zur Abwehr der heraufziehenden Wetter wenig geeignet erachtet werden mußte. Dennoch, so dringend auch Preußen, besonders seit Se. Königl. Hoheit Prinz Wilhelm (Der Hochselige Deutsche Kaiser und König von Preußen, Wilhelm I.) für seinen erkrankten Bruder, Friedrich Wilhelm IV., die Regentschaft führte, auf die Möglichkeit kriegerischer Verwicklungen hinwies, verschloß sich der Frankfurter Bundestag hartnäckig allen durchgreifenden Besserungsvorschlägen, die mit Verzicht auf militärische Selbständigkeit der mittleren und kleinen deutschen Staaten zu Gunsten Preußens und Oesterreichs zu verwirklichen gewesen wären. Es war Oesterreich, welches die aus lauterstem Gefühl für das Wohl des Vaterlandes entspringenden Absichten Preußens vereitelte.
Indessen ließ die preußische Regierung sich nicht beirren; wenigstens an ihrem Theil wollte sie keine Unterlassungssünde auf sich laden. - Obwohl die verblendete Volksvertretung ihre Einwilligung versagte, unterzog Preußen in den Jahren 1859 und 1860 seine Streitkräfte einer gründlichen, allen Ansprüchen genügenden Umwandelung, aus der die Feldarmee mit 81 Infanterie-Regimentern, statt der bisherigen 45, fast verdoppelt hervorging. Somit hielt zum mindesten ein deutscher Staat ein ansehnliches Heer bereit, erforderlichenfalls für die Ehre des Vaterlandes einzutreten. Doch Preußen war keinesfalls gewillt, allein diesen, für das unveränderte Fortbestehen des Bundesgebietes erforderlichen Mehraufwand an Geld und Menschen zu tragen; es verlangte mit Fug und Recht seitens der übrigen deutschen Bundesglieder die gleiche Opferwilligkeit. Statt des erwarteten Entgegenkommens aber stieß die preußische Regierung von Neuem auf entgegengesetzte Gesinnung Oesterreichs. - Nun, die Zeit, da sich die Hohenzollern aus Friedensliebe scheuten, den schädlichen Widerspruch der Wiener Hofburg gewaltsam zu brechen, war endlich vorüber, als am zweiten Januar 1861 Wilhelm I. mit fester Hand das Scepter Preußens ergriff und seit der König den Herrn v. Bismarck-Schönhausen (Nachmals Graf v. Bismarck, später Fürst v. Bismarck uns Kanzler des Deutschen Reiches.) zur Leitung der auswärtigen Angelegenheiten an seine Seite berief.
Jetzt war nur noch die Frage, wann die Schärfe des Schwertes entschied, ob Preußen, bei billiger Einschränkung der Befugnisse der minderstarken deutschen Fürsten, die Führung in unserem Vaterlande übernahm, oder ob unter Habsburgs schwacher Schirmherrschaft Deutschland wie vor 200 Jahren - ehe die Hohenzollern ein Hort für deutsches Recht und deutsche Größe geworden - der Tummelplatz aller kriegs- und beutelustigen Nachbarn werden sollte.
Jemehr die Spannung auf den Eintritt des Waffenganges zwischen Preußen und Oestereich wuchs, in welchem selbstredend alle deutschen Regierungen bestimmte Partei ergreifen mußten, desto größer war das Staunen, als plötzlich im Jahre 1864 die beiden Großmächte sich auf Bismarcks Anregung in brüderlicher Einmüthigkeit zusammenschlossen, den 1849 abgebrochenen Streit um die Herzogthümer Schleswig-Holstein von Frischem aufzunehmen. Aber leider war die Kluft zwischen Berlin und Wien nur scheinbar ausgeglichen; denn gerade infolge glücklichen Ausganges des dänischen Feldzuges, der die Elbherzogthümer in gemeinsamen Besitz der deutschen Großstaaten übergehen ließ, entbrannte schließlich 1866 der unvermeidliche Kampf, ohne welchen ein starkes, vom Auslande gefürchtetes Deutschland niemals entstehen konnte.
Bevor wir uns mit einer näheren Schilderung des preußisch-oesterreichischen Krieges befassen, der Oldenburg natürlich treu zu Preußen haltend fand, und bevor wir den Antheil des Regiments an den Erfolgen des Jahres 1866 verzeichnen, ist es nöthig, noch einmal den Blick rückwärts zu wenden, um die Schicksaale des Regiments seit Regierungsantritt des Großherzogs Nikolaus Friedrich Peter zu verfolgen. Den ersten Schritt, durch welchen Se. Königl. Hoheit die warme Theilnahme für den kriegstüchtigen Zustand der Truppen kund that, bildete das Zusammenziehen des Korps bei Oldenburg im Herbst 1853. - Dem hier zu Tage tretenden Uebelstande ungenügender Schießfertigkeit [an unserem Hasen-Ahlers, der bekanntermaßen ein vortrefflicher Schütze war, hat dies sicher nicht gelegen, zumal er zu dieser Zeit seinen Wehrdienst bereits wieder beendet hatte] der Infanterie abzuhelfen, ordnete Se. Königl. Hoheit sogleich die Kommandierung eines Offiziers nach Preußen an, wo sich derselbe über Gebrauch und Behandlung der Schußwaffen unterrichten sollte. Des Weiteren wurde die Zahl der jährlich zu verfeuernden scharfen Patronen von 40 auf 80 erhöht; es ergingen Vorschriften zum Zweck gründlicheren Schießdienstbetriebes, und in Bürgerfelde wurden sechs neue Scheibenstände hergestellt. - Der endgültigen Gliederung des großherzoglichen Truppenkorps vom 1. April 1855 ist bereits früher Erwähnung geschehen. Als die vorhandenen Kasernen nicht genügenden Raum für die Unterbringung des verstärkten Regiments boten, wurde der Bau einer dritten Kaserne am Pferdemarktplatze begonnen…"
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